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Veranstaltung

Montag, 16.5.2022 um 18:00 Uhr, Robert-Havemann-Saal

Die Rote Kapelle - Das verdrängte Widerstandsnetz

Filmvorführung und Gespräch

Veranstaltungsbild

2021 erschien der Dokumentarfilm „Die rote Kapelle“ mit einer neuen Sichtweise auf das antifaschistische Widerstandsnetz, das im Kalten Krieg zwischen Ost und West gern auch als Projektionsfläche für die jeweiligen Machtblöcke diente. Der Regisseur Carl-Ludwig Rettinger fand diese Projektionen in zwei Spielfilmen über die Rote Kapelle, die fast zeitgleich in Ost und West liefen. Außerdem führte er Gespräche mit Angehörigen, Überlebenden, Zeitzeug*innen. Zentraler Protagonist ist Hans Coppi junior, der 1942 im Frauengefängnis in der Barnimstraße geboren wurde und zugleich Überlebender und Historiker ist.


Ungeachtet des zunehmenden Gestapo-Terrors gegen Ende der 30er Jahre verhalf ein loses Widerstands- Netz in Berlin Juden zur Flucht, verteilte Flugblätter – und sammelte militärische Informationen. Einer der zentralen und charismatischsten Organisatoren war Harro Schulze-Boysen. Als Offizier im Luftfahrt-Ministerium gelang es ihm, sich Zugang zu Hitlers Aufmarsch-plänen für den Angriff auf die Sowjetunion zu verschaffen und schließlich auch für den Vorstoß nach Süden, nach Stalingrad. Diese Informationen wollte er unbedingt an die Alliierten weiterleiten, denn ein Fall der Nazi-Regimes von innen heraus schien unmöglich. Ein sowjetischer Spionagering in Brüssel und Paris kam ihm dabei zu Hilfe. Dieser rekrutierte sich vorwiegend aus jüdischen Kommunisten, darunter auch der „Grand Chef“ Leopold Trepper, ein ehemaliger Palästinakämpfer. Sie funkten militärische Informationen nach Moskau. 1941 gelang es der deutschen Abwehr, Funkmeldungen aus verschieden Städten abzufangen. Man subsumierte die Funkstellen unter dem Namen “Rote Kapelle“. Hitler war fassungslos über die Widerstandsnester in seinem Herrschaftsgebiet, während sich zur gleichen Zeit das Blatt auf den Kriegsschauplätzen wendete. Er beauftragte die Gestapo, die Verräter um jeden Preis zu stellen. Eine gnadenlose Jagd auf Leben und Tod begann, sowohl in Berlin wie auch in Brüssel und Paris. Nur wenige entkamen. Die Schergen der Gestapo jedoch überlebten. Hofiert von westlichen Geheimdiensten im Kalten Krieg denunzierten sie ihre Opfer ein zweites Mal als Vaterlandsverräter. Unter umgekehrten Vorzeichen geschah in der DDR ähnliches. Hier wurden die Mitglieder der Roten Kapelle als „Kundschafter der Sowjetunion“ vereinnahmt. Die tödliche Ignoranz des stalinistischen Geheimdiensts kehrte man dabei tunlichst unter den Teppich. So wurde das Vermächtnis der Roten Kapelle zwischen den Fronten des Kalten Krieges zerrieben. Erst der Fall des eisernen Vorhangs und neue historische Forschungsansätze eröffneten einen unverstellten Blick auf die Rote Kapelle. Doch im Gegensatz zur Weißen Rose oder dem Verschwörerkreis um Stauffenberg stand eine grundlegende filmische Darstellung bislang aus.


Anlässlich der Filmvorführung werden Hans Coppi jr., Sohn des gleichnamigen Widerstandskämpfers der Roten Kapelle, sowie Regisseur und Drehbuchautor Carl-Ludwig Rettinger anwesend sein. Das Gespräch mit ihnen wird von Angelika Nguyen moderiert.


Diese Veranstaltung ist Teil des HdDM-Projekts „Solidarität als Brücke zwischen Osten und Westen“ gefördert durch die Berliner Landeszentrale für Politische Bildung (Projektförderung 2022).

Veranstaltende: Haus der Demokratie und Menschenrechte